… sie ist nicht einmal vergangen
Am 9. November jährt sich nun bereits zum 83. Mal die Reichspogromnacht, welche den brutalen Beginn des öffentlich und unverhohlen gewaltbereiten staatlich organisierten Antisemitismus´ im sogenannten „Dritten Reich“ darstellte. Wo vorher zwar bereits judenfeindliche Maßnahmen per Gesetz in Kraft getreten waren, wie etwa das auf dem Reichsparteitag in Nürnberg beschlossene „Reichsbürgergesetz“ und das „Blutschutzgesetz“, und verbale Verunglimpfungen jüdischer Mitbürger:innen (auch) durch den Staat bereits seit längerem an der Tagesordnung waren, stellt dieses Pogrom eine bis dahin ungekannte Eskalation der Gewalt dar.
Das Pogrom, welches im Vorhinein durch die Führung der NSDAP geplant und mit Hilfe der SA maßgeblich vorangetrieben wurde, forderte noch am selben Tag das Leben von mindestens 91 jüdischen Mitbürger:innen. An diesem Tag im Jahr 1938 brannten deutschlandweit 1.200 Synagogen und Gebetshäuser, 7.500 Geschäfte wurden zerstört. In den darauffolgenden Tagen wurden etwa 30.000 Juden und Jüdinnen verschleppt und in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen gebracht, wo viele von ihnen durch körperliche und psychische Schikanen den Tod fanden.
Viele andere kamen noch durch das Unterschreiben einer Auswanderungserklärung wieder frei und wurden enteignet. Nach der Pogromnacht wurde das Leben für jüdische Menschen in Deutschland noch schwerer, so wurden etwa alle jüdischen Organisationen sowie die jüdische Presse verboten. Zudem war es Juden und Jüdinnen nun verboten, Handel, Handwerk und Gewerbe zu betreiben. Die Auflagen, Verbote und Diskriminierungen wurden immer stärker und umfassten das alltägliche Leben; wem es möglich war, der wanderte aus. Wer sich aufgrund der hohen „Reichsfluchtsteuer“ keine Auswanderung leisten konnte, musste bleiben und wurde Opfer von Deportation und Vernichtungslager.
Diese Pogromnacht am 9. November 1938 stellt eine weitere Eskalation in der Politik der Nazis dar, aus der antisemitischen Hetze und den Boykottaufrufen wird der gewalttätige „Antisemitismus der Tat“, welcher schlussendlich in der Shoa und rund 6 Millionen ermordeten Juden und Jüdinnen gipfelte. Diese planmäßige und industriell durchgeführte Mordmaschinerie, bestehend aus 24 KZ-Stammlagern und über 1.000 Außenlagern, war zu einem großen Teil nur dank der Zusammenarbeit der Reichsbahn mit den Nationalsozialist:innen möglich. So gab es die heute als „Sonderzüge in den Tod“ bekannten Güterzüge, in welchen in jeden Waggon bis zu 200 jüdische Mitmenschen gezwängt wurden, viele von ihnen starben bereits auf der Fahrt. Und eben diese Zusammenarbeit wird durch das 1937 von den Nationalsozialist:innen erbaute Kriegsdenkmal, den „Klotz“ in Limburg, vorweggenommen. Nach der Befreiung im Jahre 1945 musste jedem und jeder dieser Zusammenhang klar geworden sein.
Aber statt den „Klotz“ zu entfernen, retuschierte man sorgfälrig das Hakenkreuz aus dem Zahnrad, dem Symbol der faschistischen „Deutschen Arbeitsfront“, und glorifiziert im Relief die Zusammenarbeit der Eisenbahner (links) mit den Wehrmachtssoldaten (rechts).
Wir von Courage finden: Eine Erinnerungskultur sollte der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, nicht der Täter. Aufgrund des Denkmalschutzes ist ein Entfernen des Klotzes nicht möglich und aus geschichtsrevisionistischen Gründen auch gar nicht wünschenswert, aber eine kritische Einordnung ist längst überfällig.