Sehr geehrter Prof. Dr. Axel Drecoll,
mit Entsetzen entnahm ich der Presse, dass Sie die russischen Vertreter für die Feierlichkeiten zur Befreiung des KZ Sachsenhausen ausgeladen haben bzw. ihnen den Zutritt zum Festakt verweigern. Die allgemeine Ideologie einer »wertebasierten Außenpolitik« treibt wahrhaft kriegstüchtige Blüten. Mein Freund und langjähriger Wegbegleiter, der Komponist Eberhard Schmidt, war Insasse in Ihrem Lager. Seine Erfahrungen haben mich tief geprägt. … Die Schrecken, die Unmenschlichkeit, ja der Zynismus der deutschen Faschisten waren beispiellos und sind durch nichts anderes beendet worden als durch den Einsatz der sowjetischen Soldaten und Offiziere.
Wollen Sie diese Geschichte umschreiben und uns selbst zu den Befreiern umdeuten? … An was wollen Sie erinnern, wenn Sie diesen Ort des Schreckens seiner Geschichte berauben? Auch wenn Sie mit dem Verlauf der deutschen Geschichte nicht einverstanden sind, ändert das nichts an den Tatsachen. Sie wurden als Direktor für die Erinnerungskultur berufen. Folgen Sie dieser Berufung!
Hans-Eckardt Wenzel