15.03.2022 Noch immer Krieg – Mahnwachen gehen weiter

Wir geben hier die Erklärung des Ostermarschkreises wieder, die in der NNP nur leicht verkürzt erschienen ist:

Am vergangenen Samstag folgten etwa 120 Menschen in Limburg nun zum dritten Mal dem Aufruf „Die Waffen nieder! Nein zum Krieg!“ und versammelten sich auf dem Europaplatz, um gegen den Wahnsinn in der Ukraine zu demonstrieren.

Marita Salm eröffnete die Mahnwache diesmal aus einem anderen Blickwinkel: Anlass war die Rede Vladimir Putins anlässlich des Internationalen Frauentages. In der hatte er ganz besonders den russischen Frauen gratuliert, deren Liebste er in den Krieg und vielleicht in den sicheren Tod geschickt hat. Als sie das gehört habe, habe sie sich gefragt „wie zynisch ist das denn? Diese Frauen haben Angst, um ihre Söhne, Männer, Verlobte, Brüder, Enkel, Freunde. Ohne den Krieg, den unzweifelhaft Russland begonnen hat, müssten Sie diese Angst nicht haben.“ Und loswerden könnten diese Frauen ihre Angst auch erst dann wieder, wenn alle Waffen niedergelegt seien. Dieser Zynismus eines Mannes, der so leichtfertig mit dem Leben anderer umgeht, und der Gedanke an diese hilflose Angst habe sie dazu bewogen, zusammen mit den anwesenden Frauen ein Zeichen zu setzen. Spruchbänder mit das „Nein zum Krieg“ ergänzenden Forderungen wie „Nein, meine Liebsten geb´ ich nicht!“ und „Putin raus aus der Ukraine“ wurden entrollt und wirkten für die Dauer von Reinhard Meys Lied „Nein, meine Söhne geb´ ich nicht“ auf die Umstehenden, die die Aktion offensichtlich bewegt aufnahmen.

Wie auch an den vergangenen Samstagen nutzen außerdem Anwesende die Gelegenheit, um ihre Sicht auf die aktuelle Lage mitzuteilen oder Appelle an die Zuhörenden zu richten. Einmal mehr zeigte sich dabei, dass die Veranstaltung durchaus generationen- und auch gruppenübergreifend genutzt wird. Der evangelische Pfarrer Markus Stambke, Simeon Harjung von der SPD Limburg, die Landtagsabgeordnete Marion Schardt Sauer von der FDP, Gerhard Blankenburg und Alfred Weber teilten ihre Betroffenheit und riefen unter anderem zu dem Verzicht auf Aufrüstung, auch im Bewusstsein der Klimakrise, und zu Mitmenschlichkeit auf. Letzteres insbesondere auch im Hinblick auf die russischen Menschen, die hier unter uns leben, und denen jetzt vermehrt mit Ablehnung begegnet werde.

Eben das sei ihr und Manfred Backhaus ein Anliegen gewesen, sagt Marita Salm: Den Menschen ein Forum zu geben, in dem man zusammenfinden und sich austauschen könne, um nicht allein mit den schrecklichen Nachrichten und Bildern zu sein. Oder auch, um die Möglichkeit zu haben, sich der Herausforderung einer kritischen Auseinandersetzung mit dem, was aktuell passiert, zu stellen.

Besondere Akzente wurden an diesem Samstag aber durch zwei Beiträge gesetzt: Das war zum einen die Rede des elfjährigen Mohamed, der berichtete, dass er den Krieg in Syrien erlebt hat, dass er in diesem Krieg verwundet worden ist, und dass er angesichts der eigenen Erlebnisse zwar Nachrichten über die Ukraine höre, sich aber keine Bilder dazu anschauen könne.

Auch die Fotografin Alea Horst hat das Elend des Krieges mit eigenen Augen gesehen und in den Bildern, die sie in Syrien, Afghanistan oder in Flüchtlingslagern wie Moria für Hilfsorganisationen gemacht hat, festgehalten. Wie alle Anwesenden sei sie beeindruckt von der Welle der Hilfsbereitschaft, die gerade durch Europa gehe, sie bleibt aber dabei nicht stehen. Aus zahlreichen Pressequellen hatte sie Stimmen zusammengetragen, die zeigten, dass das Elend mit zweierlei Maß gemessen wird. Offensichtlich bestimme selbst in der Beurteilung des unermesslichen Leids anderer Menschen häufig Rassismus den Maßstab, der die Hilfsbereitschaft der Staaten lenke. Die von ihr in den verschiedenen Krisengebieten gesammelten Beiträge aus Begegnungen mit vom Krieg betroffenen Kindern, die sie vorlas, ständen stellvertretend für alle Kinder auf der ganzen Welt, die Erinnerung eines kleinen Jungen an die Hinrichtung des eigenen Vaters als Akt des Krieges sei immer grausam und qualvoll, egal, wo auf der Welt sie passiert. Und auch unter den Zuhörenden wurde die Frage aufgeworfen: warum mussten noch vor kurzem Kinder an der belarussischen Grenze zu Polen im Wald erfrieren, weil die EU für die vergleichsweise wenigen dort gestrandeten Flüchtlinge kein Zeichen habe setzen wollen?

Auch am kommenden Samstag, den 19. März wird es ab 11 Uhr eine Mahnwache auf dem Europaplatz geben. Die Organisierenden wünschen sich eine rege Teilnahme.

PS: Die NNP hat in ihrer Wiedergabe auch Ostermarschkreis und und Courage gegen rechts durcheinandergeworfen. Das blaue Courage-Transparent mag dazu beigetragen haben.

Heute und diese Woche